D_03: Denkmal Vikarie Dürscheid

Vikarie Dürscheid

Ute Jülich

Fassung vom Januar 2022

Die Geschichte

Bis zum Ende des 17. Jahrhundert gab es auf dem Lande im Bergischen kaum öffentliche Schulen. Nur die Kirche unterhielt sog. Vikariats- oder Küsterschulen, die von einem Pfarrer geleitet und von der Kirchengemeinde unterstützt wurden. Der Unterricht war Aufgabe des Küsters. In Dürscheid waren das über zwei Jahrhunderte die Küster aus der Familie Dürscheid, die im eigenen Anwesen, dem Dürscheider Hof, wohnten, wo auch die Kinder unterrichtet wurden. Über die Inhalte weiß man wenig.

In der Regierungszeit von Herzog Karl Theodor wurden mehreren Verordnungen (1770, 1794), erlassen, die verstärkt auf eine bessere -Gestaltung der Schulverhältnisse drängten. So wollte man in Dürscheid mit einer Vikariestiftung einen Schulvikar anstellen. Man plante, nachdem der Pächter des Kirchengutes „Auf der Mauer“ verstorben war, dieses Gebäude zu einer Küsterei und Schule umzubauen.

Dies gelang aber nicht, so dass man stattdessen
1797 das Vikariegebäude errichtete. Der erste Schulvikar war Johannes Irlenbusch (1801 - 1821). Er erteilte den Schulunterricht in einem ca. 12 m² großen Raum. Es wird von 100 angemeldeten Schülern gesprochen, die aber selten alle anwesend waren. Besonders in den Sommermonaten wurden die größeren Kinder auf den Feldern gebraucht und viele Eltern wollten oder konnten auch das (geringe) Schulgeld nicht bezahlen. Ab 1825 wurde die Schulpflicht eingeführt, veränderte aber zunächst nicht viel an der Situation.  „Es wurde nur in drei Wintermonaten Schule gehalten und nur einige Kinder besser bemittelter Eltern erschienen zum Unterricht.“  (H.Pohl)

Nach der Trennung von Staat und Kirche 1811 haben in Dürscheid die Lehrer weiterhin den Küsterdienst übernommen, so:


  • 1822 - 1842   Lehrer Alfter
  • 1842                   Peter Beuth
  • 1843 - 1847   Stephan Bürgel
  • 1847 - 1869   Heinrich Oessenich Sen. (neue Schule)



1846 wurde ein neues Schulgebäude am Kirchberg vom Bauunternehmer und Ziegeleibesitzer Rausch (Blissenbach) errichtet. Es waren Gebäude aus Backstein, die für die neue Form der Volksschule vorgesehen waren.


Heinrich Oessenich war der erste Lehrer an der neuen Schule, der eine vollständige Ausbildung an einem Lehrerseminar erhalten hatte.

Er schreibt in der von ihm angelegten Schulchronik:


In einem Alter von 22 Jahren, begann ich meine Wirksamkeit in dem neuen sehr geräumigen Schulsaale, nur war zu bedauern, dass derselbe selten bis zur Hälfte gefüllt wurde.


Bei meinem Antritt zählte die Schulliste 110-120 schulpflichtige Kinder. Sie sank 1850 -52 herunter, weil wenige Jahre vorher die Ruhrkrankheit vieler Kinder besonders kleinere dahingerafft hatte. Danach vermehrte sich jedoch die hiesige Bevölkerung in wenigen Jahren durch den stark zunehmenden Bergbau und das damals flott betriebene Hüttenwesen so rapide, dass die Schulliste 1857 bereits 190 – 200 schulpflichtige Kinder zählte“.

Er hat noch den Küsterdienst versehen, bis ihn sein Sohn 1869 im Küsteramt ablöste. Heinrich Oessenich war 36 Jahre als Lehrer in Dürscheid tätig (1847 – 1883). (Er wohnte seit 1847 in dem gleichnamigen Hof, der ab 1910 Gaststätte war. Später auch Kolonialwarenladen und Kaufhaus, nach dem Krieg ortsbekannt als „Gasthaus Oessenich“. Der Gebäudekomplex, der immer im Besitz der Familie Oessenich blieb, wurde 2021 abgerissen).

Einige weitere Lehrer habe durch ihre langjährige Tätigkeit ihre Zeit geprägt:



  • 1903 – 1936   Lehrer Josef Pfeiffer
  • 1914 – 1957   Fräulein Magdalene Lob  (die Klassen 1 – 4)
  • 1924 – 1955   Lehrer Peter Limbach       (Tambourverein)
  • 1940 – 1947   Lehrer Josef Pfeiffer          (Orchester, Jungfrauenchor, Kirchenchor)


Die Kinder gingen 8 Jahre (6. – 14. Lebensjahr) in die Volksschule. Sie lernten lesen, schreiben und Schönschrift, rechnen, Raumlehre, Geographie, vaterländische Geschichte, Naturbeschreibung, Zeichnen und Singen, für die Jungen gab es Turnen, für die Mädchen Handarbeit. Zur Ausstattung eines Schülers gehörten „sieben Sachen“ (Schiefertafel, Griffel, Griffelkasten, Schwamm und Läppchen, Schulranzen und die Fibel). Wer nach der Schulentlassung nicht direkt arbeiten ging, konnte weiter auf eine Handelsschule oder das Progymnasium gehen.

Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges war die körperliche Züchtigung ein übliches Mittel der Erziehung. Bei den Jungen mit Haselrute auf das Hinterteil, bei den Mädchen der Schlag mit dem Lineal auf die Fingerspitzen. Später musste der Lehrer Buchführen, wen er für welches Vergehen bestraft hatte. (KSch 12)

1958 hatte die alte Schule am Kirchberg ausgedient und wurde abgerissen. Heute stehen hier das Gebäude der Dürscheider Feuerwehr und die Mehrzweckhalle. 1960 wurde daneben die neue moderne Schule im Bungalowstil mit den Fenstern nach Süden und viel Licht in den Klassenräumen eingeweiht.

Nachtrag:

Für die Schule und die Kinder war eine Wasserversorgung sehr wichtig. In der Vikarie konnte man das Wasser aus dem Brunnen vom Hof Buchholz unterhalb der Kirche holen, dass für wenig Geld abgegeben wurde. Für die Schule am Kirchberg wurde ein Wasserbehälter oberhalb der Schule errichtet, der von einer Wasserleitung vom Buchholzberg zum Kirchberg gespeist wurde.


Quellen:

Pohl, Heinrich St. Nicolaus Dürscheid (1966)

Cüppers/ Michel : Tornister, Tafel, Tintenfass - eine bergische Schulgeschichte

RBK 1968 Cürten, Wilhelm: Aus der Geschichte des Schulwesens im Bergischen.

RBK 1980 Das Schulmuseum Katterbach

Kürtener Schriften 3 : Die Wasserversorgung von Dürscheid und Spitze

Kürtener Schriften 12: Ministerialerlaß um1900 zur Bestrafung von Schulkindern

www. Geschichte des Schulwesens in Deutschland



Die Literatur ist im Ortsarchiv des Kürtener Geschichtsverein einzusehen.

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